Auf hoher See
Mit ihren Kindern, der siebenjährigen Sybil und dem zweijährigen George, leben Juliet und Michael Partlow in einer amerikanischen Vorstadt. In der Ehe der beiden kriselt es. Juliet leidet zudem an Depressionen und einer traumatischen Erfahrung. Gerade erst hat die Lyrikwissenschaftlerin die Arbeit an ihrer Dissertation unterbrochen, als Michael einen überraschenden Vorschlag macht: Er will mit seiner Familie für ein Jahr lang auf einer Segelyacht im Karibischen Meer unterwegs sein. Seine Frau ist von dieser Idee gar nicht begeistert, lässt sich widerwillig jedoch darauf ein. Was ist in der Vergangenheit geschehen? Und was wird diese Reise mit der Familie machen?
„Unter uns das Meer“ ist ein Roman von Amity Gaige.
Meine Meinung:
Der Roman besteht aus zehn Kapiteln. Die Erzählstruktur ist recht ungewöhnlich. Erzählt wird vorwiegend im Wechsel: in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Juliet und in Form von Logbucheinträgen aus der Sicht von Michael. Gegen Ende des Romans sind außerdem Briefe, Gedichte, ein Interview und andere „Bruchstücke für ein Ganzes“ eingefügt. Dieser Aufbau macht die Geschichte nicht einfach zu lesen, aber interessant.
Der Schreibstil gefällt mir sehr gut. Er ist atmosphärisch, intensiv und bildstark. Als ein wenig störend habe ich die vielen nautischen Begriffe empfunden, die für Laien unverständlich sind.
Die beiden Protagonisten, Juliet und Michael, erscheinen zunächst etwas unnahbar, aber auch interessant. Sie sind sehr gegensätzlich angelegt. Ihre Gedanken und Gefühle lassen sich gut nachvollziehen, obwohl zu Beginn der Geschichte noch viele Zusammenhänge und Bezüge unklar sind.
Die Geschichte entfaltet sich zunächst in einem gemächlichen Tempo und weist ein paar Längen auf. Spürbar ist gleichwohl eine leichte, subtile Spannung, die aufgrund vieler offener Fragen im Leben der beiden entsteht. Erst in der zweiten Hälfte nimmt die Geschichte an Fahrt auf und sorgt mit einer Wendung dafür, dass der Roman fesselnder wird.
Inhaltlich ist die Lektüre keine leichte Kost. Es geht um die Ehe, die Familie, Mutterschaft und damit verbundene Schwierigkeiten, aber auch um traumatische Erlebnisse und psychische Krankheiten. Der Roman liefert Denkimpulse und regt dazu an, über das Gelesene nachzudenken.
Das deutsche Cover ist optisch besonders gut geraten. Die Gestaltung der gebundenen Ausgabe sticht auch sonst positiv hervor. Eine doppelseitige Landkarte veranschaulicht die Reise des Segelbootes auf hübsche Weise und hilft beim Nachverfolgen der Route. Der passend formulierte Titel der deutschen Ausgabe trifft meinem Geschmack mehr als das Original („Sea Wife“).
Mein Fazit:
„Unter uns das Meer“ von Amity Gaige ist ein ungewöhnlicher Roman, der sich nicht leicht in ein Genre pressen lässt und beim Lesen Aufmerksamkeit verlangt. Dennoch oder gerade deswegen ist es eine empfehlenswerte Lektüre.